Epitaph

Betritt man die Lukaskirche nicht durch’s Hauptportal, sondern benutzt den Seiteneingang an der Südwand, so fällt der Blick auf ein Epitaph, d. h. eine Grabinschriftsplatte, die in den Türstock eingebaut worden ist.

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Die Inschrift teilt dem Betrachter mit: „Anno 1596 und 98 sein..... zwey Kinderlein mit Namen Magdalena und Johannes in Christo entschlafen“. Wir erfahren nichts über das genaue Alter dieser Kinder, nicht, wer das Epitaph gestiftet hat (die Eltern?), nicht wo es ursprünglich seinen Platz hatte (Friedhof bei der Kirche?).
Offenbar sind die Kinder sehr früh verstorben. Ihr schmerzlicher Tod ist Anlass, über ihr kurzes Leben nachzudenken und sich zu trösten in der Hoffnung des christlichen Glaubens, dass die Frucht des Sterbens Jesu auch diesen Kindern zugute kommt. In schlichtem Gottvertrauen wird das Evangelium von der Kindersegnung Markus 10, 14 mit dem Sterben der Kinder in Zusammenhang gebracht:

„Lasset die Kindlein kommen zu mir / In ihren jungen Tagen
Denn das Himmelreich ist ihr / Tut Christus der Herr sagen
Ich will sie nehmen in mein Reich / Ich hab ihn(en) Gnad erworben
Das Menschen gleich unmöglich deicht (dünkt) / Bin ich für sie gestorben“

Mit Recht hat man festgestellt , dass ein solches Epitaph Hinweis ist auf die hohe Kindersterblichkeit in früheren Zeiten. Aber es ist noch mehr: Es ist ein ergreifendes Glaubenszeugnis aus der Vergangenheit und erinnert uns daran, dass die Kinder, die einst in der Taufe zur Gemeinschaft mit Gott berufen wurden, nach ihrem Tod bei Jesus Christus zu Hause sein dürfen.

Wie zur Bestätigung dieses Bekenntnisses sind auf der Darstellung unter der Inschrift die beiden Kinder im Gebet knieend abgebildet, umgeben von Blumenranken als Zeichen des ewigen Lebens.

Das Epitaph passt zur Aussage des Ewigkeitssonntages: Mit dem Tod hat unsere Christusgemeinschaft, die wir in Wort und Sakrament erfahren dürfen, kein Ende. Unsere letzte Heimat ist das „Himmelreich“, von dem das Evangelium redet. – Kann es eine tröstlichere Botschaft geben, gerade dann, wenn wir unserer Lieben gedenken, die bereits „heimgegangen“ sind?

Dr. Walter Zwanzger